Manchmal ist es ja so, dass das Zitat, das dem Buchtext vorangestellt ist, nicht nur darüber Auskunft gibt, wie gebildet der Autor oder die Autorin sich zeigen will, sondern tatsächlich etwas mit dem Inhalt des Buches zu tun hat. Im Falle von Mr. Loverman ist es eindeutig Letzteres: „Nicht alles, dem man sich stellt, lässt …
Schlagwort-Archive:Tropen Verlag
Pascal Engman: Mörderische Witwen
Ich bin sofort drin, denn bereits der Prolog wartet mit Überraschungen auf. Hinweise auf Schläfer und Anschläge geben die Richtung an, und der Titel Mörderische Witwen macht deutlich, dass es sich um Witwen des IS handeln muss. Darunter versteht man Frauen des Kalifats, deren Männer gefallen waren und die sich unter den Strom der Flüchtlinge …
Bernardine Evaristo: Manifesto
Bernardine Evaristos Mädchen, Frau, etc. hat mich begeistert, kein Wunder also, gehe ich ihr Manifesto positivst gestimmt an, auch wenn mir der Untertitel „Warum ich niemals aufgebe“ nicht viel mehr als ein müdes Schulterzucken entlockt, denn der Mensch, so meine Sicht aufs Leben, hat schlicht keine Ahnung, weshalb er tut, was er tut. Geboren wurde …
Chris Offutt: Unbarmherziges Land
Ein guter Krimi zeichnet sich wesentlich dadurch aus, dass der Text Bilder im Kopf hervorruft, die einen gleichsam vor Ort mit dabei sein lassen. Im Falle von Chris Offutts Unbarmherziges Land hatte ich das Gefühl, neben dem alten Mann auf der Suche nach Ginseng durch den Wald zu gehen, so anregend war das geschildert. Dann …
Bernardine Evaristo: Mädchen, Frau, etc.
Als „ein einzigartiges, vielstimmiger Porträt unserer Zeit“ wird dieses Buch, das 2019 den Booker Prize gewann, im Klappentext beschrieben – und das trifft es haargenau. Das ist umso erstaunlicher (jedenfalls für mich), weil es vom Leben schwarzer britischer Familien handelt und ich mir bislang nicht vorgestellt habe, diese könnten für unsere Zeit besonders typisch sein. …
Joris Luyendijk: Von Bildern und Lügen in Zeiten des Krieges
Eine bekannte Regel für Auslandskorrespondenten lautet sinngemäss so: einen Tag vor Ort ergibt einen Artikel, eine Woche einen vertieften Hintergrundbericht, ein Monat ein Buch und was darüber hinaus geht, ergibt rein gar nichts mehr, denn dann weiss man bereits zuviel, um die Kriterien von journalistischen Meldungen (klare Zuordnungen und dergleichen) erfüllen zu können. Bei Joris …
Weiterlesen Joris Luyendijk: Von Bildern und Lügen in Zeiten des Krieges
Keigo Higashino: Unschuldige Täter
Seit ich vor einem Jahr drei Wochen durch Japan gereist bin, lese ich japanische Bücher neu – ständig tauchen Bilder in meinem Kopf auf, wähne ich mich vor Ort und mit dabei. Im Zug, im Hotel, bei den Begegnungen der Menschen. Den Umgang der Japaner mit Fremden erlebte ich als höflich und zuvorkommend, die gegenseitige …
Anna Burns: Milchmann
Anna Burns‘ Milchmann vermittelt mir bereits auf den ersten Seiten die Erfahrung von etwas Ungewohntem, Neuem, Verblüffendem und Packendem. Es liegt am Ton, dem Rhythmus, der Sprache sowie der Art zu denken und zu formulieren. Geschrieben ist Milchmann als innerer Monolog, es ist die Stimme der Erzählerin, die diesen Roman prägt. Erwähnt werden muss auch …
Jonathan Lethem: Bekenntnisse eines Tiefstaplers
Der englische Originaltitel („The Ecstasy of Influence“) trifft sehr genau, worum es in diesem Buch geht, der deutsche Titel liess mich hingegen ziemlich ratlos, der Untertitel („Memoiren in Fragmenten“) hätte es besser getroffen. Worum geht es also? Um die verschiedenen Einflüsse, die Jonathan Lethems Leben prägten und immer noch prägen. Als da wären: Bücher, Bücher, …
Weiterlesen Jonathan Lethem: Bekenntnisse eines Tiefstaplers
Ariadne von Schirach: Die psychotische Gesellschaft
„Diese Welt verschlägt mir den Atem. Man kommt gar nicht mehr hinterher mit dem Mitdenken und Mitfühlen, und doch beginnt jede Veränderung mit dem Annehmen und Beschreiben dessen, was ist“, hält Ariadne von Schirach treffend fest. Nur hält sie sich selber nicht dran und beginnt stattdessen mit einer Zuschreibung. Konkret: Sie behauptet, die gegenwärtige „Auflösung …
Weiterlesen Ariadne von Schirach: Die psychotische Gesellschaft